Allgemeine Fragen
Rentabel im betriebswirtschaftlichen Sinne kann so ein Angebot tatsächlich nie sein. Das ist bei Infrastruktur-Angeboten aber der Normalfall. Die Ammertalbahn ist beliebt und zieht immer mehr Fahrgäste an – aber sie ist bis heute nicht rentabel. Das gilt genauso für Straßen oder Tiefgaragen. Auch der Schindhau-Basis-Tunnel wäre ja nicht „rentabel“.
Es geht vielmehr um den volkswirtschaftlichen Nutzen. Damit man das Verhältnis von Kosten und Nutzen bei solchen Großprojekten sinnvoll einordnen und bewerten kann, gibt es in Deutschland ein offizielles Verfahren, die so genannte Standardisierte Bewertung, die in Fachkreisen liebevoll „Standi“ genannt wird. Dieser Prüfung müssen sich alle regionalen Verkehrsprojekte stellen, die Bundeszuschüsse haben wollen. Die Standi bezieht eine ganze Reihe an Faktoren mit ein, um zu ermitteln, ob ein Projekt volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Das ist eine sehr komplexe Berechnung, bei der viele Werte einfließen. Vermiedene Emissionen ebenso ein wie vermiedene Unfälle, kürzere Reisezeiten oder Energie-Einsparungen. Das Ergebnis dieser genormten Untersuchung zeigt deutlich auf: Demnach ist die RegionalStadtbahn Neckar-Alb volkswirtschaftlich sinnvoll. Nach den anerkannten Definitionen dieses Verfahrens ist der volkswirtschaftliche Nutzen größer als die Investitionskosten.
Wir sind sogar noch etwas optimistischer, als die Studie dies war. Aus den Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten weiß man nämlich, dass die Standardisierte Bewertung eher etwas zurückhaltend und pessimistisch ist, was die Fahrgast-Prognosen betrifft. Beispiel Ammertalbahn: Dort ging die Standi, die man vor der Reaktivierung der Ammertalbahn 1999 anfertigen ließ, von 4000 Fahrgästen am Tag aus. Heute sind es fast 9000. Wir glauben daher, dass auch bei der RegioStadtbahn die Fahrgastzahlen in Wirklichkeit viel höher sein werden als in der Untersuchung veranschlagt. Wir glauben also, dass das Nutzen-Kosten-Verhältnis in der Praxis noch deutlich besser ausfallen wird als in der theoretischen Berechnung.
Die Standardisierte Bewertung wurde im Jahr 2022 aktualisiert. Die Ergebnisse waren positiv. Mit dieser Bewertung erfüllt das Projekt weiterhin alle Bedingungen, um vom Bund mit den Mitteln aus den Förderprogrammen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) unterstützt zu werden.
Zum einen natürlich, weil Menschen vom Auto in die Bahn umsteigen. Weniger Autos in der Stadt, das bedeutet weniger CO2, weniger Abgase, weniger Feinstaub und weniger Lärm.
Vorteile entstehen auch, wenn durch die RegioStadtbahn der Autoverkehr zurückgeht oder zumindest nicht wie prognostiziert weiter anwächst. Dann kommen wir mit den bestehenden Straßen und Parkplätzen eher zurecht und müssen weniger Flächen verbauen für neue Straßen und Parkplätze. Es ergeben sich neue Chancen für die Aufwertung der Stadträume, mit weniger Blechlawinen und mehr Aufenthaltsqualität.
Auf Dauer wäre es nicht sinnvoll, sich mit Teillösungen zu begnügen. Das System entfaltet seinen vollen Nutzen erst, wenn es in der geplanten Form funktioniert, mit durchgebundenen Linien über Land und bis mitten in die Städte hinein.
Aber ein solches Großprojekt wird nicht auf einen Schlag realisiert, so viel ist klar. Wir brauchen Vorstufen, um das System Schritt für Schritt in Betrieb zu nehmen. Wie solche Schritte aussehen können, wird derzeit untersucht. Auch die Finanzierung ist nicht auf einen Schlag zu leisten. Wie so etwas funktioniert, sieht man anderswo: In Karlsruhe ist das Netz über Jahre hinweg gewachsen. Auch in Heilbronn gingen die Strecken nach und nach in Betrieb.
Verkehrsinfrastruktur kostet immer Geld. Das gilt für Bahngleise ebenso wie für Straßen. Allein der vierspurige Ausbau der B27 zwischen Tübingen und Balingen inklusive Schindhaubasistunnel kostet etwa annähernd so viel wie das Stadtbahnnetz für die gesamte Region.
Wichtig ist, zu fragen, wo das Geld für die RegioStadtbahn überhaupt herkommen soll. Ein Großprojekt wie dieses wird zum größeren Teil finanziert durch Zuschüsse vom Bund und vom Land, auf der Basis des Gemeindefinanzierungsgesetzes. Anders wären solche Investitionen in Stadtbahnen und S-Bahnen nirgends zu schaffen.
Wenn wir diese Zuschüsse nicht beantragen, weil wir keine RegioStadtbahn bauen, geht die Region Neckar-Alb leer aus. Dann fließen die Gelder von Bund und Land anderswo hin und werden in anderen Regionen ausgegeben. Weil die Fördertöpfe zweckgebunden sind, könnten wir dasselbe Geld auch nicht bekommen, um es für andere Projekte einzusetzen.
Wir haben Zeitdruck, die Fördergelder zu beantragen. Denn wir stehen im Wettbewerb mit Projekten in der gesamten Bundesrepublik.
Der laufende Betrieb von öffentlichen Verkehrsmitteln kostet nahezu immer Geld. Wie viel es im Fall der RegioStadtbahn sein wird, steht noch nicht fest, denn die offizielle Folgekostenrechnung ist noch nicht abgeschlossen.
Ein wichtiger Punkt: Die RegioStadtbahn-Kosten entstehen ja nicht alle neu. Einen großen Teil des Verkehrs gibt es bereits jetzt, diese Kosten werden auch jetzt schon bezahlt und bekämen dann lediglich ein neues Etikett. Nur zusätzliche Fahrten durch den dichteren Takt werden zu Buche schlagen.
Im innerstädtischen Bereich würde die RegioStadtbahn bestimmte Busverbindungen ersetzen, die heute oft überlastet sind. Dort sind die Verkehrsströme so groß, dass die Bahn auch wirtschaftlich Sinn ergibt.
Die RegioStadtbahn soll auch in der Stadt eine eigene Trasse bekommen, wo immer das geht – zum Beispiel entlang des Nordrings. Nur dort, wo in der Innenstadt der Platz nicht reicht, fährt die Bahn wie ein Bus im Straßenverkehr mit. Sie ist dann ganz offiziell eine Straßenbahn.
Lange Wartezeiten wie an Bahnübergängen wird es nicht geben. Die Durchfahrt einer Straßenbahn dauert ungefähr so lange wie eine normale Ampelphase. Diese Ampeln sind bedarfsgerecht gesteuert, so dass die Wartezeiten für alle anderen Verkehrsteilnehmer minimal sind. In Stuttgart gibt es viele sehr große Kreuzungen, bei denen Stadtbahnen die normalen Fahrspuren nutzen oder kreuzen, und das klappt mit Ampeln hervorragend. Das Olgaeck ist ein Beispiel.
Man darf sich das generell einfach nicht so vorstellen wie bei Bahnübergängen. Nehmen wir als Beispiel die Schranke an der Tübinger Europastraße: Sie muss unten sein, bevor die Ammertalbahn am Westbahnhof überhaupt losfahren darf in Richtung Hauptbahnhof. Entsprechend lang stehen die Warteschlangen dann an dieser Schranke. Das liegt einfach daran, dass die Eisenbahn-Technik etwa 100 Jahre alt ist. Der Bremsweg eines Zugs ist einige hundert Meter lang, so dass die Bahn immer eine garantiert freie Bahn braucht. Für eine moderne RegioStadtbahn setzen wir ganz andere Fahrzeuge ein. Eine solche Stadtbahn ist technisch so ausgerüstet, dass sie im Straßenverkehr mitschwimmen kann. Sie muss so schnell bremsen können wie ein Auto – so sind die Vorschriften für Straßenbahnen. Entsprechend schnell, flexibel und sicher ist die RegioStadtbahn unterwegs.
Das sind zwei ganz verschiedene Dinge, die sollte man nicht in einen Topf werfen. Eine RegioStadtbahn ist ein Nahverkehrssystem. Es ist gedacht für eine Region mit einem Radius von etwa 25 bis 30 Kilometern. In so einem begrenzten Raum entfaltet das System mit hoher Haltestellendichte und guter Erschließung seine Stärken. Für große Distanzen ist es hingegen weniger geeignet. Hier braucht man Züge mit hohen Geschwindigkeiten, die nicht so oft anhalten.
Und natürlich gibt es viele Menschen, die aus dem Großraum Neckar-Alb nach Stuttgart pendeln. Aber die Zahl derer, die aus dem Umland nach Tübingen oder Reutlingen pendeln, ist bei weitem größer. Für diese Menschen wollen wir mit der RegionalStadtbahn ein Angebot schaffen, um sie von der Straße auf die Schienen zu holen.
Dass wir uns auch häufigere schnelle Verbindungen nach Stuttgart wünschen, steht außer Frage.
Für Straßen zahlen auch alle, egal ob sie ein Auto oder einen Führerschein haben oder nicht. Genau so ist es bei Schwimmbädern, Sportanlagen, Kindergärten, Stadtbibliotheken und vergleichbaren Einrichtungen. Das ist bei Infrastruktur-Projekten ganz normal.
Mit den Geldern, die wir vom Bund und vom Land für die RegioStadtbahn bekommen wollen, könnten wir gar keine Straßen bauen: Denn diese Gelder sind an Schienen-Projekte gebunden. Wenn wir sie nicht abrufen, fließen sie in andere Regionen.
Derjenige, der Träger und Finanzier eines solchen Projekts ist, wird „Besteller“ genannt. Wer letztlich der Besteller für die RegioStadtbahn sein wird, muss erst noch geklärt werden. Schauen wir einmal die Situation bei den heutigen Regionalzügen an, die ja teilweise in die RegioStadtbahn überführt werden sollen: Bei fast allen ist es das Land, nur nicht bei der Ammertalbahn, da ist es der Landkreis Tübingen.
Auch bei der RegioStadtbahn wird dann der Besteller einen Vertrag mit einem Bahnunternehmen machen, an welches er die Durchführung des Bahnbetriebs übergibt. Dafür ist ein wettbewerbliches Verfahren üblich, bei dem der beste und günstigste Betreiber ausgesucht wird.
Diese Befürchtung ist unbegründet.
Alle Erfahrungen aus anderen Regionen zeigen: Unterm Strich bringt so eine RegioStadtbahn ein Plus – auch beim Busverkehr. Einfach deswegen, weil das ganze System gewinnt. Im Umland steigt die Nachfrage, es werden mehr Zubringerlinien gebraucht.
Es sind übrigens auch gar nicht so viele Busfahrten, die wegfallen. Die ganzen Umland-Strecken, die ins Stadtbahnsystem einbezogen sind, werden auch heute schon über die Schiene bedient. Da fahren sowieso schon lange kaum noch Busse. Den Bus ersetzen wird die RegioStadtbahn nur auf einigen Innenstadtstrecken.